Dr. Marita Pabst-Weinschenk

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www.uni-duesseldorf.de/muendlichkeit

Hörbeispiele 

Sprechausdrucksmuster  (Deutschmagazin 5/2004)

0. Guter Unterricht

1. Zur Systematik der KMK- Bildungsstandards
- Bezeichnungen
- Sortierbedarf
- Fachsystematik
- Ergänzungsbedarf

2. Kernlehrpläne KLP NRW

- Schulformen-Vergleich 5-10

- Progression GY 5-10

3. EU Key competence Implementation 2010

3.1 Schlüsselqualifikationen

3.2 Kompetenzstufen


4. Zur Entwicklung von Kompetenzmodellen
Kompetenzbegriff allgemein

4.1 content vs. performance
- Zus.fass. Überblick nach Ossner
- Leitbild: selbstständiger Lerner
- Vorwissen: Matthäus-Effekt

4.2 Heuristisches 3D-Modell   

- Modell nach Ossner
- Content-Differenzierung

4.3 DGSS-Bildungsstandards Mündliche Kommunikation - ein umfassendes Content-Modell

- Rede-Pyramide - Synopse und als  begriffliches Content-Modell
- Kumulatives Lernen
- Schlüsselqualifikationen + intelligentes Wissen
- Unterrichtsziel

5. Zur Evaluationsproblematik
- Reliabilität + Validität
- a) intrapsychische Vorgänge
- b) Situationsbezug
- c) Messbarkeit
- -Feedback-/Beobachtungsbögen
- Format: Konstruktives Kritikgespräch
- Grundsätze

6. Aufgabenbeispiele

6.1 KMK

- Allg. Vorschläge für Überprüfungen

- Beispiel Hörbuchbewertung

- Gute/schlechte Sprecher

6.2 KLP NRW

7. Opportunity-to-learn- Standards im Bereich Mündlicher Kommunikation

Thesen

Literaturhinweise

 

Um die Wirkung verschiedener Sprechweisen zu erkennen, wird hier der gleiche Text von verschiedenen Sprecher/innen in jeweils 29 unterschiedlichen Variationen gesprochen. Dabei handelt es sich einzelne Sätze, wie sie bei einem Bewerbungsgespräch verwendet werden:

Guten Tag! Mein Name ist Martin/Martina Schulte. Ich interessiere mich für diese Stelle. Ich bin sicher, dass sie genau meinen Neigungen und Fähigkeiten entspricht. -- Ja, das habe ich bereits getan. -- Nein, das ist mir unbekannt. -- Warum interessiert Sie das? -- Ich könnte mir gut vorstellen, auch solche Tätigkeiten zu übernehmen. -- Danke und auf Wiedersehen.

Je nach dem, wie dieser Text gesprochen wird, hat man nicht nur den Eindruck, es handele sich um eine andere Person, sondern auch, dass die Person sich jeweils um eine andere Stelle bewirbt. Damit die Unterschiede durch die Veränderungen bei den einzelnen sprecherischen Teilaspekten besonders deutlich werden, sollte man immer zunächst nur die Aufnahmen eines Sprechers bzw. einer Sprecherin vergleichen. Denn der Vergleich von Aufnahmen unterschiedlicher Stimmen kann von den Veränderungen in den einzelnen Teilaspekten ablenken.

Besonders deutliche Gegensätze zeigen sich beim Vergleich einzelner Sprechweisen, z. B. des verhauchten (akustische Struktur Nr. 13; Aufnahmen 13, 42, 71) mit dem harten (akustische Struktur Nr. 16; Aufnahmen 16, 45, 74) und gepressten Stimmklang (akustische Struktur Nr. 17; Aufnahmen 17, 46, 75) oder auch zwischen häufigen Tiefschlüssen (akustische Struktur Nr. 28; Aufnahmen 28, 57, 86) und Schwebe- bzw. Hochschlüssen in der Melodieführung (akustische Struktur Nr. 29; Aufnahmen 29, 58, 87). Bei der Artikulation sind besonders auffällig der nasale Klang (akustische Struktur Nr. 1; Aufnahmen 1, 30, 59), die Sigmatismen (akustische Struktur Nr. 2; Aufnahmen 2, 31, 60 und akustische Struktur Nr. 3; Aufnahmen 3, 32, 61) und die zurückverlagerte (akustische Struktur Nr. 5; Aufnahmen 5, 34, 63) und die verbissene Aussprache (akustische Struktur Nr. 6; Aufnahmen 6, 35, 64). Ungeübte Hörer/innen sollten mit solchen deutlich zu unterscheidenden Beispielen beginnen, ihre Hörfähigkeiten in diesem Bereich zu trainieren. 

Die Aufnahmen (Tracks) 1–29 werden von Sandra Marx gesprochen, 30–58 von Frank Enders und 59–87 von Dr. Marita Pabst-Weinschenk.

Aufgenommen wurden die Hörbeispiele im Mai 2004 im Multimediazentrum der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf mit freundlicher Unterstützung von Bettina Ritter und Gerold Schmolke.

Übersicht über die Aufnahmen

Track

Dauer

sec

Akustische Struktur (Aussprache – Stimmklang – Sprechausdruck) 

Wirkungstendenzen

01

30

59

0:37

0:26

0:28

1) nasaler Klang

vornehm (französisch), distanziert bis überheblich, von oben herab, bildungsbürgerlich, konservativ

02

31

60

0:30

0:26

0:26

2) s-Auffälligkeiten (addentaler oder interdentaler Sigmatismus, »Lispeln«)

naiv-kindlich, weckt Beschützer-Instinkt; aber auch listig, wenn es scharf klingt

03

32

61

0:26

0:27

0:30

3) lateraler Sigmatismus (»Hölzeln«)

unscharf, nicht prägnant, ungenau

04

33

62

0:26

0:25

0:26

4) undeutliche Aussprache (»Nuscheln«) beruht auf zu geringen Mimik-Bewegungen (»Pokerface«) und geht oft mit insgesamt zu geringer Körpersprache einher; fördert auch oft nasalen Klang

nicht klar, mundfaul, wenig interessiert, fahrig, gleichgültig, weniger kompetent

05

34

63

0:30

0:26

0:27

5) zurückverlagerte Artikulation, kann auch zu nasalem Klang führen

wenig offen, etwas verbergen; mit Ruhrpott-Slang auch typisch hemdsärmelig (Arbeitermilieu)

06

35

64

0:33

0:26

0:24

6) verbissene Aussprache (zu geringe Kieferöffnung), auch oft mit nasalem Klang

etwas verbergen, nicht offen, Inhalte wirken schwieriger, anstrengender

07

36

65

0:28

0:26

0:21

7) vorherrschend Auf-Zu-Bewegungen (a-setting), manchmal mit sehr melodiösem Sprechen; bei dynamischem Sprechen wird oft auch knarrend gesprochen

kindliches Plappern, naiv

08

37

66

0:27

0:25

0:25

 

8) vorherrschend Lippen-Breitspannung (i-setting) führt meistens zu einem weichen Stimmeinsatz

überfreundlich, weniger ernstzunehmend

09

38

67

0:30

0:27

0:24

9) vorherrschend Lippen-Vorstülpung (u-setting)

etwas spitz, ängstlich

10

39

68

0:21

0:22

0:16

10) zu kurzer Vokalgriff (alle Vokale klingen zwar richtig, aber zu kurz), zu schnelles Sprechtempo

gehetzt, unstetig, oberflächlich

11

40

69

0:40

0:26

0:26

 

11) starke Behauchung der Plosive, führt manchmal auch zu einem insgesamt verhauchten Sprechen

leicht theatralisch

12

41

70

0:37

0:28

0:31

12) hyperkorrekte Aussprache, dabei wird meistens recht langsam gesprochen

gelehrt, überheblich, pingelig genau, kleinlich

13

42

71

0:40

0:27

0:31

13) verhauchter Stimmklang, auch oft langsames Sprechen

leidend, seufzend, aber auch geheimnisvoll und erotisch

14

43

72

0:30

0:25

0.30

14) weicher Stimmeinsatz

sensibel, gefühlsbetont

15

44

73

0:28

0:24

0:27

15) fester Stimmeinsatz

sicher, bestimmt, kompetent

16

45

74

0:30

0:25

0:25

16) harter Stimmeinsatz (»Knarren«)

gezwungen, verklemmt, intellektuell, verkopft, nicht flexibel

17

46

75

0:33

0:26

0:24

17) gepresster Stimmklang (verstärkter Atemdruck, vaukale Enge)

zu willensbetont, rhapsodisch (stark auf Zuhörer einwirken wollen), zwanghaft bis gequält

18

47

76

0:27

0:25

0:29

18) erhöhte Sprechstimmlage (Kopfstimme)

sich klein machen, nicht bestimmt, nicht überzeugend, unsicher

19

48

77

0:29

0:27

0:29

19) leises Sprechen, führt auch zu schwachen Betonungen

Zurückhaltend, wenig bestimmt, unsicher

20

49

78

0:27

0:24

0:78

20) lautes Sprechen, zumeist auch mit deutlichen Betonungen

dominant, dynamisch, aber auch unsensibel

21

50

79

0:35

0:26

0:29

21) überstarke Betonungen

dynamisch, willensbezogen, dominant, belehrend, oberlehrerhaft; wie schlechte Politiker

22

51

80

0:30

0:25

0:25

22) schwache Betonungen, oft verbunden mit leisem und undeutlichem Sprechen

lasch, undynamisch, langweilig, unwichtig

23

52

81

0:35

0:24

0:24

23) gleichförmiges Betonungsmuster, entsteht oft bei zu vielen Hoch- und Schwebeschlüssen, kann auch mit hörbarer Atmung (Stoßseufzern) und Mundgeräuschen auftreten

langweilig, uninteressiert, gleichgültig gegenüber dem Inhalt, wenig Einwirkungswillen

24

53

82

0:18

0:21

0:15

24) schnelles Sprechtempo (zu hohe Artikulationsgeschwindigkeit, zu wenig und/ oder zu kurze Pausen)

lebendig, quirlig, aber auch gehetzt, unsicher (schnell fertig werden wollen), sich nicht trauen, mehr Zeit zu beanspruchen

25

54

83

0:59

0:33

0:53

25) langsames Sprechtempo (zu langsame Artikulationsgeschwindigkeit, zu viele und/ oder zu lange Pausen), tritt zumeist mit schwachen Betonungen und deutlicher Aussprache auf

gewichtig, man nimmt sich Zeit, aber auch langweilig, geistig nicht rege, unflexibel, schlecht vorbereitet

26

55

84

0:56

0:41

0:30

26) viele gefüllte Pausen (Füll-Laute, Füllwörter)

wenig kompetent, unsicher, nicht kommunikativ

27

56

85

0:36

0:26

0:21

27) große Tonhöhenunterschiede in der Sprechmelodie

emotional, gefühlsbetont; bei hoher Stimmlage und gewisser Lautstärke auch hysterisch-kreischend

28

57

86

0:36

0:27

0:29

28) häufige Tiefschlüsse, fallende Kadenzen, tritt oft mit lautem Sprechen und deutlichen Betonungen auf

bestimmt, überzeugt, klar strukturiert, einfach verständlich

29

58

87

0:27

0:28

0:26

29) häufige Schwebe- oder Hochschlüsse, progrediente Kadenzen, treten oft bei leisem Sprechen und erhöhter Sprechstimmlage auf

freundlich, fragend, wenig bestimmt, reihendes Sprechen, Zuhörer kann nicht alle Infos behalten und verarbeiten; fühlt sich »tot« geredet und ertrinkt im Redestrom ohne akustische Punkte.