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Hausarbeit zum Hörspiel „Zugriff“
Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 2. Idee und Entstehung des Textbuches 3. Handlung und didaktischer Gehalt 1. Einleitung Die
Produktion eines Hörspiels in allen seinen Facetten ist ein schwieriges
Unterfangen. Da
letztlich alle produktionsrelevanten Entscheidungen in unseren Händen
lagen, war es nicht zuletzt eine Herausforderung, ein homogenes Produkt
mit didaktischen Anspruch zu schaffen. Die
vorliegende Arbeit wird sich anfangs mit der Idee und der Entstehung des
Textbuches befassen. Anschließend soll in einem zweiten Teil, die
Intention der Autoren und der didaktische Gehalt, des Stückes näher
beleuchtet werden. In
Folge wird die technische Umsetzung betrachtet, die ein großen
Stellenwert einnahm, um ein „atmosphärisch dichtes“ Hörspiel zu
schaffen. Eine kurze Zusammenfassung soll den Schlussteil dieser Arbeit
bilden.
2. Idee und Entstehung des Textbuches Das
Ziel der Seminargruppe war klar vorgegeben: Ein Hörspiel. Das beinhaltete
vom konzeptionellen „Storyboard“ bis hin zur Mischung am heimischen
Computer alle Arbeitsschritte. Das Ausmaß der Arbeit wurde uns allerdings
erst später klar. Der Beschluss eine eigene Handlung zu vertonen, zwang uns, als ersten Schritt einen äußeren Rahmen und eine Grundidee abzustecken. Angelehnt
an Bret Easton Ellis Buch „Einfach Unwiderstehlich“[1] wurde die selektive
Wahrnehmung einzelner Personen, in ein und derselben Umgebung zum
Ausgangspunkt unserer Anstrengungen. In
seinem Buch versucht Ellis den Alltag von Collegestudenten Mitte der 80er
Jahre zu zeigen, wobei das
Portrait dieser Generation in keiner Vision oder Lösung mündet. Ebenso
sollte im Hörspiel „Zugriff“ der Zuhörer nicht „an die Hand
genommen“ beziehungsweise von einem auktorialen Erzähler, als neutraler
Fixpunkt, geleitet werden. Die
Wahrheit spiegelt sich in den Selbstwahrnehmungen der Protagonisten wieder
und nicht explizit an einer sich selbst erklärenden Textpassage. Das
Mosaik aus Einschätzungen, Mutmaßungen und äußerer Handlung der
Figuren, lässt Schlüsse zu, ist letztlich aber auch von der Wahrnehmung
des Zuhörers abhängig. Er
verteilt Sympathie und Antipathie, versucht die einzelnen Personen, deren
Vorbereitung auf den Abend sich überschneiden, einzuschätzen. Die Glaubwürdigkeit
der Charaktere wird vom Zuhörer überprüft. Anhand dieser Überlegungen wurde die äußere Handlung skizziert. Vorbereitungen auf eine Party, die Autofahrt zum Veranstaltungsort, sowie der Polizeizugriff wurden als Eckpunkte des Geschehens festgehalten. Die einzelnen Rollen verteilten wir gemäß des stimmlichen Vermögens der Gruppenmitglieder. Hierbei versuchten wir nicht durch eine außergewöhnliche Besetzung der Protagonisten den Fluss der Handlung zu stören. Die Rolle des Polizisten sollte beispielsweise an eine tiefe, entheger-klingenden Stimme vergeben werden. Die Charaktereigenschaften der einzelnen Figuren wurden grob bestimmt und die einzelnen Szenen festgehalten. Der
darauf einsetzende Schreibprozess gestaltete jedes Gruppenmitglied
weitgehend autark, um einen Bruch in der selektiven Wahrnehmung der
Partybesucher zu vermeiden. Die inneren Monologe stellten dabei den größten
Teil des zu schreibenden Textes dar. Die
Dialoge wurden in Kleingruppen erarbeitet, sodass das der weitere Verlauf
und das konkrete Ergebnis des Hörspiels auch für uns lange in der
Schwebe war. Anschlussfehler
konnten durch die chronologische Folge der einzelnen Szenen nicht ganz
vermieden werden. Diese Ungenauigkeiten, sowie zu konkrete Schilderungen
und Aussagen der Protagonisten vielen der Zensur zum Opfer, um dem Zuhörer
interpretatorischen Freiraum zu lassen. Ein „Sich -Wiederfinden“ oder
ein reflexives Moment beim Zuhörer war Ziel dieser phantasiefördernden
Maßnahme. Das wesentlichste Merkmal eines Hörspiels ist die akustische Unmittelbarkeit, die durch eben diesen Freiraum noch verstärkt wird. Der Zuhörer findet sich wieder in der Geschichte, die er mittels Phantasie selbst gestalten kann. Da die optische Wahrnehmung vom Hörspiel eben nicht bedient wird, sollte die Einbildungskraft beispielsweise durch Schritte im Treppenhaus angeregt werden. Doch in welcher Farbe dieses Treppenhaus gestaltet ist, ob es Holz- oder Steintreppen sind, ob es nach Schimmel oder nach Essen riecht, bleibt alleine der Phantasie des Hörers überlassen. 3. Handlung und didaktischer Gehalt Der
Titel „Zugriff“ wurde gewählt, da der Zuhörer einerseits auf die
selektiven Wahrnehmungen der Figuren „zugreifen“ kann und andererseits
wegen der äußeren Handlung, die ihren Höhepunkt im „Polizeizugriff“
findet. Der
Zugriff auf die Personen sollte auch durch die kurzen Jingles und harten
Schnitte plastisch gemacht werden. Dem Hörer wird klar, dass er nur
Ausschnitte aus dem Leben der Figuren mithört und er sie nur ein kurzes
Stück, also einen Abend begleiten kann. Der
„Zugriff“ beginnt mit dem Radiomoderator, der angewidert von seiner
Arbeit die Partyveranstalterin Annika live in die Sendung nimmt. Der
Radiomoderator bildet einen äußeren Rahmen um die eigentliche Handlung.
Er ist zum Ende hin, die Instanz, die die Geschehnisse der Party
zusammenfasst und den Zuhörer in die Realität zurück befördern sollte. Bis
auf den Nachrichtentext am Ende, besteht das Hörspiel aus
„Momentaufnahmen“ der Figuren. Ein Spiegel, deren subjektiver
Sinneseindrücke. Hierbei wird häufig klar, das die selektiven
Wahrnehmung der Protagonisten nicht deckungsgleich sind. Die Erfahrungen
sind widersprüchlich und von Fehlinterpretationen gekennzeichnet. Ähnlich
einem Mosaik sollte die Geschichte vom Zuhörer selbst zusammengesetzt
werden. Welche Perspektive ist einleuchtend und welche der Figuren sind
glaubwürdig, heißt die Frage, die er sich stellen sollte. Durch
das abwägen der Wahrscheinlichkeiten wird er dazu gebracht, seine eigene
Wahrnehmung zu hinterfragen, denn jeder Charakter hat einen Widerspruch
zwischen dem Bild, das er von sich hat, und dem Bild, das die anderen
Charaktere von ihm haben. Annika
ist zum Beispiel von dem netten Radiomoderator begeistert und
schlussfolgert, er mache sein Job gerne. Was durch den inneren Monolog des
Radiomoderators jedoch kurz vorher verneint wurde. Der Gegensatz zwischen
sprecheigener Wahrnehmung und der Wahrnehmung der Außenwelt tritt von
Anfang an in den Vordergrund. Im
Verhalten der „Freunde“ spiegelt sich dieses Motiv ebenfalls wieder.
Die individuellen Partyvorbereitungen und die inneren Monologe lassen
keinen Zweifel darüber aufkommen, dass der ein oder andere Ressentiments
gegenüber seinen „Freunden“ hegt, ohne das es der Betreffende zu spüren
bekommt. Marcel,
der nach seinem Urlaub eigentlich keine Lust auf die Party hat, wird von
Stefan genötigt mitzukommen. Marcel tut es als seine Pflicht ab. Dennoch
verliert er gegenüber den Anderen kein Wort. Ebenso
erfährt der Zuhörer, dass Nina mit „Losern auf `ne Loserparty“ gehen
muss, wo
sie nicht hin will. Ihr Eigenbild wird von Marcel bald als Narzissmus
bezeichnet und relativiert. Obwohl
die (Selbst-) Wahrnehmungen der Protagonisten häufig weit auseinander
gehen, kommt es jedoch nicht zu einer offenen Konfrontation. Und das trotz
der extremen Situationen, in der sich die Figuren wiederfinden. Das volle
Auto, die gutbesuchte Party oder die besetzte Toilette, schaffen einen äußeren
Rahmen, in dem kaum Fluchtmöglichkeiten bestehen. Nach
dem Polizeizugriff erfolgt jedoch ein Umschwung, sowohl in der selektiven
Wahrnehmung des Einzelnen, als auch im Umgang mit seinem Gegenüber. Marcel
unterhält sich mit der nicht mehr so „großspurig“ auftretenden Nina
doch noch über seinen Urlaub und Stefan lässt von seinen Plänen ab
Annika zu erobern und betrinkt sich daraufhin mit Thomas. Auch
der Kommissar, dessen Autorität niemand seiner Männer in Frage gestellt
hat und der vor dem Einsatz aufgeregt und hochkonzentriert wirkte, ist nun
resigniert. Der
Umschwung wird nur kurze Zeit beleuchtet und wieder bleibt es dem Zuhörer
überlassen, ob die Figuren, aus einem Bedürfnis nach Harmonie heraus,
weiterhin heucheln oder ob es einen tatsächlichen Stimmungswechsel
innerhalb der Protagonisten durch das Schlüsselerlebnis Polizeizugriff
gibt. Das
Hörspiel kehrt zurück an den Anfang. Der Radiomoderator verliest die
Nachricht der gescheiterten Razzia und der Verwechslungsgeschichte. Der
„Zugriff“ ist beendet und der Zuhörer, der kurze Zeit in das
Innenleben der Partybesucher eintauchen durfte, gelangt wieder an Oberfläche. Wenn verschiedene Zuhörer jetzt zu unterschiedlichen Ergebnissen und Interpretationen kommen sollten, hat das Hörspiel mehr als sein Ziel erfüllt. Dann stößt es nämlich an, reflexiv die eigene selektive Wahrnehmung zu hinterfragen. Um
eine dichte Atmosphäre zu schaffen, war uns sehr an der guten Umsetzung
des Textbuches gelegen. Außerdem war es wichtig, die schlechten
Sprecheraufnahmen zu
kaschieren. Der Hauptfehler, den wir bei der Umsetzung gemacht war
insbesondere, dass wir zuerst im Hochschulradio und später privat
aufgenommen haben, da wir nur begrenzt Zeit im Hochschulradio hatten. So
konnten wir beispielsweise bei der ersten Aufnahme das Gesprochene nicht
„gegenhören“. Um
das dynamische Element nicht zu verlieren wurden die Dialoge zu zweit
eingesprochen, alle weiteren Sprechrollen sind einzeln aufgenommen worden. Ein
weiteres Problem bestand darin, dass wir im Radio nur Mono aufgenommen
hatten, privat dagegen nur stereo möglich war. Die
erste Arbeitsphase nach den Aufnahmen war von Schneiden und Sortieren des
Textes gekennzeichnet. Hierbei wurden kleinere Anschlussfehler behoben und
im Zuge dessen die Chronologie der Szenen leicht verändert. In
einem zweiten Schritt wurden „Trenner“ eingefügt, die sowohl einen räumlichen
als auch zeitlichen Sprung kennzeichnen. Wir benutzten kurze Jingles um
„kleine Sprünge“ innerhalb der Szenen zu verdeutlichen; „größere
Sprünge“ oder Szenenwechsel wurden mit einem entsprechenden längerem
Jingle ausgestattet. Bei
der Auswahl der Jingles und Effekte wurden ausschließlich Samples
verwendet, deren Rechte von den Künstlern[2]
für diese Projekt freigegeben wurden bzw. Samples, deren Rechte ohnehin
frei sind. Darauf
folgte eine Arbeitsphase, in der grundlegende Effekte eingefügt wurden.
Wir arbeiteten von allgemeinen zu speziellen Effekten. Ein
Beispiel für die allgemeinen Geräusche sind die Halleffekte auf den
inneren Monologen der Figuren. Nicht
nur um tatsächlich Gesprochenes von den Überlegungen der Protagonisten
zu trennen, sondern auch um eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich der
Einzelne verliert oder sich einsam fühlt. Das Gefühl der Sprecher stehe
in einem großen leeren Raum, sollte hierbei dominieren. Später
folgten situationsabhängige Geräusche. Dabei lag das Hauptaugenmerk auf
der „Dichte“ des Hörspiels. Um den Zuhörer zu führen, ohne explizit
auf die räumliche Umgebung hinzuweisen, sind begleitende Geräusche
bedingt notwendig. Hierfür
kann die Autofahrt der Partybesucher als Beispiel dienen. Ein einfaches
Brummen genügte uns nicht. Das
anfahrende Auto wird allmählich lauter, der Zuhörer sieht sich in der
Rolle einer Figur, die auf ein heranfahrendes Auto wartet. Das nächste
Geräusch ist das bremsende und zum Stillstand kommende Fahrzeug. Die Türen
werden geöffnet. Nun musste das Autogeräusch mittels des Programms
Cubase verändert werden, um den Zuhörer zu suggerieren, er befände sich
nun im Auto. Das anfahrende Fahrzeug, sowie das Radio und andere Effekte
sind auf mehreren Spuren über die Sprecherstimmen gelegt worden, um eine
realitätsnahe Atmosphäre zu schaffen. Nachdem
diese situationsabhängigen Geräusche eingefügt waren, musste die
unterschiedlich lauten Spuren gemischt werden, um keinen Bruch im Hörfluss
zu riskieren. Dabei achteten wir auch auf den äußeren Ablauf der
Handlung, um diese noch dynamischer zu gestalten. Sehr schön gelungen ist
der unmittelbare Weg zur Party. Der Gang vom Auto in das quietschende
Treppenhaus und die langsam lauter werdende Musik der Party, unterstützen
an dieser Stelle den Text trefflich. Auf
der Party werden die verschiedenen Standpunkte der Figuren, durch
unterschiedlich laute Musik unterstrichen, da sie näher oder weiter von
der Musikquelle entfernt stehen. Dies trägt ebenso erheblich zur Dynamik
des Hörspiels bei. Die technischen Umsetzung war so wichtig, da ein Bruch in der Handlung unter allen Umständen vermieden werden sollte. Bei der Umsetzung einer realistische Umgebung im Hörspiel nimmt des weiteren die Geräuschkulisse einen hohen Stellenwert ein, da sie im Gegensatz zu Fernsehproduktionen, sich nur der klangliche Elemente bedienen kann. Der
„Zugriff“ befasst sich mit der selektiven Wahrnehmung einzelner,
allgemeingehaltener Charaktere, die den selben Abend, am selben Ort aus
verschiedenen Blickwinkeln erleben. Das
Hauptmotiv des Hörspiels sollte den Zuhörer sowohl an die Handlung
fesseln, als auch zum Nachdenken animieren. Sein
Bewusstsein zu schärfen und sein Selbstbild zu hinterfragen, war wünschenswertes
Ziel und die Intention der Autoren. Das diese Absicht nicht immer
konsequent zu Ende gedacht wurde, ist wohl unserer Unerfahrenheit
anzulasten. Noch
eine persönliche Bemerkung zum Schluss:
Es
hat sich gezeigt, dass ein Hörspiel auszuarbeiten ähnlich schwer ist,
wie Regie am Theater oder im Film- und Fernsehbereich zu führen. Alle
produktionsrelevanten Aufgaben lagen hierbei in relativ unerfahrenen Händen. Ebenso
stellten wir fest, dass es effektiver ist in Kleingruppen zu arbeiten,
wobei es uns leider nicht gelang, die Arbeit gleichmäßig zu verteilen. Letztlich
war es nicht nur viel Arbeit das Hörspiel zu produzieren, sondern
vielmehr eine interessante und lehrreiche Aufgabe. Bret Easton Ellis: „Einfach unwiderstehlich“, 1. Auflage 2001, Kiepenheuer und Witsch, Köln Henning
Geisel, Melanie Choszik, Björn Tessnow, Sommersemester 2002
[1] Ellis, Bret Easton: „Einfach Unwiderstehlich“, 1. Auflage 2001, Kiepenheuer und Witsch Köln [2] Bassjingle mit freundlicher Genehmigung von SubSimplex. Alle weiteren Geräusche mit freundlicher Genehmigung von Christian Müller.
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