Protokoll von Stephanie Jansen und
Katharina Kiefer
Thema: Das Menschenbild der Themenzentrierten Interaktion (TZI)
Einleitung
Nachdem im Gefolge von Carl Rogers die “weichen Faktoren” in der Menschenführung entdeckt wurden, feierte Anfang der 70er Jahre Ruth Cohns Methode des Ausbalancierens von Sachen, Personen und Gruppen große Erfolge. Inzwischen entwickelten sich in der Trainingsszene zwei Lager: Die einen setzten nur auf “harte Faktoren”, damit das Wachstum stimmt. Andere sind noch “weicher” geworden bis zum Vorrang von Spiel und Spaß. Wo steht TZI heute? Ein Menschenbild zwischen diesen beiden Stühlen? Die derzeitige “Störung” in der gesamten Trainingszene kann in der Frage gipfeln, wer jeweils die Handlungsverantwortung als “Chairperson” hat. Ein altes Prinzip von Führung mit neuer Zuschreibung?
Vortrag
Nachdem Herr Bartsch mit einigen einleitenden Worten noch einmal auf die Forschungsarbeit im “Sprech-Kontakt” bezüglich der Merkmale des Trainer-Menschenbildes hingewiesen hatte,
(die Hauptmerkmale in den vorangegangenen beiden Sitzungen waren hauptsächlich gleich: authentisch, freundlich, offen und sind sicher sehr zielorientiert. Doch sind sie wirklich typisch für die einzelnen, vorgestellten Schulen? Um diese Frage zu lösen sollte nicht unbedingt das Hauptaugenmerk auf die Merkmale, sondern auf die Methodik der einzelnen Schulen gelegt werden. Herr Bartsch lud uns ein, gemeinsam zu lernen, differenzierte Merkmale zu finden, die Methoden, nicht zu allgemein, zu beschreiben und diese auf den zur Beginn der jeweiligen Sitzung ausgegebenen Fragebögen festzuhalten)
stellte sich die Seminarleiterin, Frau Ingrid Jungmann, vor. Sie arbeitet seit 20 Jahren mit TZI zusammen, ihr Spezialgebiet ist die Unternehmenskommunikation und seit rund 8 Jahren beschäftigt sie sich auch mit der Ausbildung von Trainern im Ruth Cohn Institut.
Im Anschluss an die eigene Vorstellung stellte Frau Jungmann den Seminarteilnehmern TZI und die Geschichte der TZI kurz vor:
TZI ist ein Modell, um mit Gruppen zu arbeiten. Es ist keine reine Technik, sondern eine, auch alltagsbezogene Haltung, die den Anspruch hat, authentisch und echt zu sein. TZI hat eine jüdisch-christliche Grundhaltung, die ausgeführte Arbeit soll Blick nehmen auf die Aktualität (Arbeit soll im Hier und Jetzt stattfinden). TZI ist ein pädagogisches Konzept mit therapeutischer Wirkung. In den Seminaren soll durch Feedback das Bewusstmachen der eigenen Handlungen nachdenklich stimmen (Eigenreflexion).
TZI ist von Ruth Cohn begründet worden und in den 50er und 60er Jahren in den USA entstanden, nachdem Ruth Cohn als Jüdin vormals aus Deutschland geflüchtet war. Ruth Cohn entwickelte die Grundlagen aus den Erfahrungen und Erkenntnissen der Psychoanalyse, sowie aus den Einflüssen der Gruppentherapie und des Experimentalismus.
Die grundsätzliche Frage, die in der TZI behandelt wird, lautet: Wie gehe ich mit Menschen um? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, muss jedoch zuerst nach dem Bild gefragt werden, was der einzelne über seine Mitmenschen hat (haben sollte) und welche grundsätzliche Haltung gegenüber Mitmenschen eingenommen wird. Generell sollten dies Aspekte wie Achtsamkeit, Respekt, Nähe, aber auch Distanz, Ziehung von Grenzen, Freundlichkeit, das Ernstnehmen von so genannten Störungen und Aufmerksamkeit sein. In unserer heutigen Zeit spielt jedoch der eigene Egoismus eine immer größer werdende Rolle. Aus diesem Grund soll bei der TZI von der Ich-Förderung viel mehr zur Wir-Förderung übergegangen werden.
Um dieses Ziel zu erreichen gibt es in der TZI bestimmte Arbeitsweisen. Zum einen spielen 4 Faktoren eine wichtige Rolle. Diese sind die einzelne Person, bzw. der einzelne Mitarbeiter (das Ich), die Gruppe, bzw. die Teamkollegen (das Wir), das Thema (die Aufgabe, die behandelt werden soll) sowie das Umfeld (Rahmenbedingungen im engeren und weiteren Sinne). Aufgabe der Leiterin des jeweiligen Seminars ist die Hüterin über das Thema zu sein und generell die Balance zwischen diesen genannten vier Faktoren zu halten. Hier ist es auch wichtige, nicht vorschnell zu agieren, sondern den Teilnehmern Zeit zu geben, sich auf die gesamte Situation einzustellen, denn das Thema muss zuerst in Bezug treten zu den Seminarteilnehmern, diese müssen eine Beziehung zueinander aufbauen, den Kontakt herstellen. Das alles braucht seine Zeit, die auch unbedingt einzuräumen ist.
An dieser Stelle stellte uns Frau Jungmann die 3 Axiome der TZI vor, die ihr Grundverständnis ausmachen. Diese müssen zwingend von den Referenten bejaht werden. In diesen Axiomen spiegelt sich auch das Menschenbild wieder, das TZI hat.
1.
Das erste Axiom behandelt die Frage: Was ist der Mensch? Der Mensch ist eine psychologische Einheit. Er ist autonom und interdependent. Er ist Teil des Universums. Autonomie wächst mit dem Bewusstsein der Interdependenz. Je autonomer er ist, umso deutlicher wird er sich seiner Verbundenheit mit allem und jedem bewusst sein. Im Bewusstsein seiner Allverbundenheit kann er sein Ich leben und die Verantwortung für die anderen akzeptieren. Die eigene Autonomie kann nur wahrgenommen werden, wenn die Abhängigkeit vom Gegenüber, von der Umgebung, vom Ganzen bewusst ist.
Menschliche Erfahrung, Verhalten und Kommunikation unterliegen interaktionellen und universellen Gesetzen, Geschehnisse sind keine isolierten Begebenheiten, sondern bedingen einander in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
2.
Beim 2. Axiom geht es um Wert und Sinnhaftigkeit unseres Einzeldaseins. Human zu sein bedeutet z. B. keine Lebewesen zu quälen und nie mehr von ihnen zu töten, als zur Lebenserhaltung und –förderung nötig ist, wobei mit dem Begriff Töten auch das Abtöten von seelischen und geistigen Fähigkeiten gemeint ist. Es kann rein ethisch oder auch religiös aufgefasst sein.
Wobei die Referentin unseres Seminars mehrfach betonte, dass TZI nicht an Konfessionen gebunden ist.
3.
Das 3. Axiom ergänzt die beiden vorangegangenen und beschreibt den Entscheidungsspielraum. Freie Entscheidung geschieht innerhalb bedingender innerer und äußerer Grenzen, Erweiterungen dieser Grenzen sind möglich.
Unser Maß an Freiheit ist größer, wenn wir gesund, intelligent, materiell gesichert und geistig gereift sind, als wenn wir krank, beschränkt oder arm sind und unter Gewalt oder mangelnder Reife leiden. Bewusstsein unserer universellen Interdependenz ist die Grundlage humaner Verantwortung.
Im Bezug auf die Autonomie eines Menschen, stellte uns Frau Jungmann nochmals explizit die Postulate vor, die TZI anerkennt:
Von den Menschen wird bewusst eine Eigenverantwortung und Selbstleitung übernommen. Unter dieser Eigenverantwortung wird das Bewusstmachen der eigenen vorhandene Situation (Umwelt) durch den Menschen verstanden und das Treffen einer auf diesem Bewusstmachen basierenden Entscheidung.
Jeder Mensch ist seine eigene “CHAIRPERSON”
Ferner ist es TZI wichtig, eventuell auftretende Störungen im Seminarablauf nicht zu ignorieren, sondern anzusprechen und zu beheben.
Zum Abschluss des Vortrages von Frau Jungmann fasste Herr Bartsch noch einmal die wichtigsten, genannten Begriffe zusammen. Diese waren:
“authentisch, im Hier und Jetzt arbeiten, nachdenklich machen, Verhalten ändern, Verantwortung übernehmen, Menschen als Teil des Universums, Ich-Stärke, Wir-Förderung, Inner Haltung und äußeres Verhalten, von sich erzählen, Achtsamkeit, Menschen in Gruppen, Nähe/Distanz, Respekt, Zivilcourage, Zeit geben”
Anschließend wurde die Fragerunde für das Plenum eröffnet.
Gestellte Fragen waren unter anderem:
Kann ohne Ausbildung mit TZI gearbeitet werden?
-Leben ja, lehren nein, das Entwickeln von Prozessen muss erlernt werden, bevor es an andere weitergegeben werden kann.
Wie und wo lernt man TZI?
-Hinweis auf mitgebrachte Unterlagen (grüne Flyer)
Ist TZI lebbar in einer Konkurrenzwelt?
- dies ist leider nicht immer und überall möglich
- außerdem tritt beim Vermitteln von TZI die Machtproblematik hierarchischer Gruppen auf. Teilweise müssen Seminare ohne den Chef gehalten werden, um überhaupt erfolgsversprechend laufen zu können
Ist TZI praktikabel im Betrieb?
- auch im Betrieb wäre es wichtig, achtsam und respektvoll miteinander umzugehen. Hier müssen kleine Schritte zum gewünschten Erfolg führen
Ist TZI politisch?
- nicht unbedingt auffordernd, kein Appell-Charakter
Sind die Teilnehmer krank? TZI=Therapie?
- NEIN, bei TZI geht es um Entwicklungen in Kommunikation, Selbstbild, Berufsfeld, Führungsverantwortung oder Auftreten ggü. dem Chef, nicht um Therapie!