Protokoll von Ramona Döring

 

Thema: Basislehrgang zur Steuerung von Veränderungsprozessen

Referent: Günter Rothbauer, IMI, Wien

 

Herr Rothbauer stellt zuerst das Programm und die Arbeitsweise des Hernstein-Instituts vor. Die Schwerpunkte des Instituts liegen im Gestaltungsmanagement und in der Führungskräfteentwicklung. Wichtig ist dabei, das richtige „Format“ für das jeweilige Thema zu finden. Die Seminare werden überbetrieblich ( Seminare, Lehrgänge) oder firmenintern ( Training, Organisationsberatung, Coaching) angeboten, insgesamt sind 48 Angebote im Programm.

Als nächstes findet eine Vorstellungsrunde statt. Anschließend wird die Struktur des Vortrages erläutert.

1)     Ausgangslage: Rolle der Personalentwickler

2)     Dynamiken im Veränderungsprozess

3)     Rolle und Positionierung der Personalentwickler im Veränderungsprozess, Ausblick

4)     Lehrgang: Organisations- und Teamentwicklung für Führungskräfte, Personalentwickler und Trainer

 

Zu 1) Die Rolle von Personalisten

Die Personalentwicklung und das Management haben sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Erst in den 80er Jahren wurde klar, dass einschneidende Persönlichkeitsveränderungen durch Personaltrainings nicht machbar sind. Bald darauf gab es maßgeschneiderte Kurse für das Management. In den 90er Jahren rückte die Personalentwicklung näher zur Organisationentwicklung, es fanden mehr Auseinandersetzungen mit Wandlungsprozessen statt. Nach wie vor sagen jedoch Studien, dass 70-80 % der gesteuerten Veränderungsprozesse scheitern.

 

Zur Rolle von Personalentwicklern im Industriekonzern (Grafik)

 

Projekt 1       Projekt 2

Komplette Überprüfung

 

Führungskräfte                                                                             Vorstand

Kommunikation                                                                                                                 Greif ein!

Bringt uns Entscheidungen                                                                       Späte Infos +spät inProjekte

Coaching                                            Personalentwickler

Beratung

 

 

Externe Berater                                                                                Mitarbeiter

Auf welcher Seite steht man?                                                                                   Unterstütze uns

Probleme:

- Informationsweitergabe

- Umsetzungstempo

- Umgang mit Subkulturen und Machtkämpfen

Viele Rollenkonflikte von Personalentwicklern entstehen durch die firmeninterne Position und die vielfältigen Anforderungen. Der Lehrgang soll den Umgang mit diesen Anforderungen vermitteln.

 

Die Rolle von Personalisten (Matrix) nach D. Ulrich

½

Employee Champion                         ½                        Business Partner

½

½

Administrator                                        ½                        Change Agents

 

Die Bedeutung des Administrators nimmt ab, die Rolle des Change Agents kann outgesourct werden.

 

2) Dynamische Veränderungen im Modell

¯ Aufrütteln, Initiieren

    (Problembewusstsein, Handlungsbereitschaft)

         Zugenergie statt Druckenergie

¯ Visionen – konzipieren

....(Positionsbestimmung, Balance)

         Fragebögen, Interviews, Selbstbild-Fremdbild

¯Neugestaltung – Implementierung

....(Strukturen und Prozesse verankern)

¯ Evaluation

....(Kosten, Nutzen, Korrekturbedarf)

         ermöglicht auch der Organisation Lerneffekte, entdeckendes Lernen

Die entscheidenden Schritte sind: Kommunikation – Qualifikation – Steuerung

Oft finden in solchen Veränderungsprozessen defensive Routinen statt:

Eine Unsicherheit stiftende Information (sinkende Verkaufszahlen)

¯

Ängste

¯

Wegschauen

¯

nicht handeln.

 

So wird keine positive Veränderung geschaffen.

Andere Grundlogik in Veränderungsprozessen:

Störung: hat Vorrang

Widerstand: birgt Informationen, muss einbezogen und beteiligt werden

Scheitermöglichkeit: muss thematisiert werden

 

Frage: Werden solche Scheiter-Szenarien vorgestellt?

Antwort: Solche Szenarien können gegebenenfalls in bestimmt Sequenzen eingebunden werden, das geht z.B. in der Teamentwicklung. So ergeben sich neue Perspektiven, Ängste werden thematisiert.

 

Frage: Ist eine Störung immer Grundlage für eine Veränderung, ist nicht vielmehr die Bereitschaft dazu wichtig?

Antwort: Ja, das war nur ein Beispiel für Strategien im Mangement.

Das alte Modell „unfreeze – move – freeze“ funktioniert nicht mehr, da Firmen in permanenten Veränderungen sind, Dinge werden nicht mehr „eingefroren“ oder fixiert.

 

3) Die Rolle des Personalentwicklers im Prozess

Das Zwiebelschalen-Modell von R. Königswieser

Für einen Veränderungsprozess sind folgende Schritte nötig:

--------------------------------------------------------Architektur (Grobbauplan für den Veränderungsprozess)

---------------------------------------------------------Design (Ablaufplan)

----------------------------------------------------------------Technik (welche Methoden werden angewandt)

 

Für die Zusammensetzung einer Steuerungsgruppe sind folgende Komponenten entscheidend und zu berücksichtigen:

         Entscheidungsknowhow / Macht                  Fachwissen

         Vertrauen („Betroffene“)                                  Beziehungsknowhow

 

Frage: Wie soll man die Emotionen der Betroffenen berücksichtigen und mitnehmen?

Antwort: Zunächst sollte man von sich selbst ausgehen und die unterschiedlichen Reaktionstypen herausfinden. Die Einstellungen müssen abgefragt werden. Man sollte Befürworter und Skeptiker miteinander reden und sich zuhören lassen („entschleunigen“). Durch mehr Reflexion kann man gemeinsam zu einer Lösung kommen. Der Berater hat im Prozess Neutralität zu wahren und beide Seiten zu berücksichtigen.

 

Frage: Wie kann man neutral sein, wenn man intern vom Vorstand beauftragt ist?

Antwort: Es muss einen Rollenklärung stattfinden, die klarmacht, wofür man zuständig ist. Als „Change Agent“ hat man keine Neutralität. Ein Rollenwechsel im Prozess des Projektes ist sehr schwierig.

Anmerkung: Man muss entscheiden, ob man das „Vollzugsorgan“ von jemandem ist, oder ob man Verantwortung für die ganze Organisation trägt. Ein Vollzugsorgan ist oft auch ein „Schutzschild“ oder ein Sündenbock.

Antwort: Wenn man einen bestimmten Weg bevorzugt, kann man nicht mehr glaubwürdig umschwenken, man kann aber neutrale Techniken anwenden.

 

4) Der Lehrgang

Zielgruppe sind: Personalentwickler und –manager, Führungskräfte und Trainer.

Der Lehrgang besteht aus 6 Modulen, die jeweils 3 Tage dauern.

Ziele des Lehrgangs sind:

-         Aufbau von Beratungskompetenz

-         Handwerkskoffer für Change-Projekte

-         Eigene Rolle im Veränderungskontext

-         Steuerung und Entwicklung von Gruppen und Teams

-         Organisationskultur und Steuerbarkeit

-         Entwicklung von Beratungsarchitektur und Design

-         Förderung von lernenden Organisationen

Der Lehrgang besteht aus folgenden Modulen:

-         Modul 1: Grundlage der Prozessmoderation

-         Modul 2: Systemisches Denken und Handeln

-         Modul 3: Beratungsarchitektur als Intervention

-         Modul 4: Teamprozesse steuern

-         Modul 5: Wandel von Organisationen gestalten

-         Modul 6: Schwierige Situationen im Beratungsalltag

Die Module sind inhaltlich kreisförmig angelegt, vom Eigenbezug über Teams und die Organisation wieder zum Eigenbezug in der Organisation. Die trainer sind renommierte Berater und Wissenschaftler. Im Lehrgang gibt es auch eine Supervision zu den Praxisfällen und die Entwicklung einer „Lehrgangsarchitektur“ (Lern- und Übungsgruppen zum Lehrgangsablauf).

Vorher findet intensive Einzel-Beratungsgespräche statt, um die Eignung der Teilnehmer für den Lehrgang (und umgekehrt) zu überprüfen.

 

Frage: Was bedeutet „Veränderung“ im OE-Bereich (Modul 5)?

Antwort: Man muss Organisationen erfassen und einschätzen können, und die interne Systemlogik verstehen lernen. Beim Schnittstellen-Management können z.B. Konflikte auftreten (Produktion – Verkauf) die vom Management nicht gelöst werden, weil sie für die Gesamtorganisation eventuell sogar förderlich sind.

 

Frage: Kann man Organisations-Subkulturen erfassen?

Antwort: Diese Subkulturen können über Sequenz- oder Artefarktanalysen (Räumlichkeiten, Mitarbeiterverhalten, optische Eindrücke) untersucht werden.

 

Frage: Wie geht man mit Kommunikations-Subkulturen um?

Antwort: Man kann versuchen, Kommunikationsverhalten durch analoge Darstellungsformen (Bilder, Sketche, Pantomime) sichtbar zu machen. So können solche Phänomene ans Tageslicht kommen und eine Reflexion auslösen.

 

Frage: Wird beim Lehrgang auf ein bestimmtes Verhältnis von Funktionen und Berufsgruppen geachtet?

Antwort: Ja, es sind in der Regel mehr Personen aus internen Firmenstrukturen da, und einige externe Trainer, damit ein Austausch stattfindet.

 

Frage: Welche Erfahrung macht man mit dem Unterschied von Fachberatung und Prozessberatung?

Antwort: In der Praxis ist Fachberatung schwierig, weil die Logiken in Unternehmen oft unterschiedlich sind. Die Prozessberatung hat hier einen anderen Zugang. Im Lehrgang bekommen Fachberater einen anderen Blickwinkel, welcher Ansatz in welcher Situation besser passt. So lassen sich Verknüpfungen zwischen beiden Bereichen herstellen.

 

Frage: Wenn es in einer Organisation schon viele gescheiterte Organisationsentwicklungs-Prozesse gab, wie geht man mit den Widerständen um? Gibt es da noch Chancen?

Antwort: In einer so schwierigen Situation muss zuerst das Vertrauen der Mitarbeiter gewonnen werden. Der Unterschied zu den vorherigen, gescheiterten Maßnahmen muss klargemacht werden, sonst kann keine Motivation entstehen.

 

Frage: Wie viel hängt in der Organisationsentwicklung von der Führungsetage ab?

Antwort: Die Führungskräfte wollen eigentlich meist Veränderung, sie müssen hinter dem Prozess stehen. Wenn es einen hochrangigen Zweifler gibt, hat man große Schwierigkeiten (geistige Top.down-Haltung). Von Bedeutung ist die Qualität der Steuerungsgruppe und die straffe Organisation des Architekturplans. Die „Entscheider“ (Kontrakt) müssen von Anfang an dabei sein.

 

Frage: Was macht man, wenn der Widerstand plausibel und gerechtfertigt ist?

Antwort: Wenn der Vorstand nicht mitzieht, ist man eigentlich machtlos. Der Auftrag muss von oben kommen. So ein Konflikt kann nur durch Mediation und einen entsprechenden Lernprozess gelöst werden, und auch nur, wenn der Vorstand mitmacht und die Notwendigkeit eines Kompromisses gesehen wird.

An den Vortrag schließt sich ein Fazit aus dem Publikum an, der Abend endet wie üblich in gemütlichem Beisammensein.