Protokoll vom 15.12.2005

Thema: „Teamentwicklung – miteinander voneinander lernen“

Referent: Dr. Joachim Koblitz, Heinrich- Heine- Universität Düsseldorf

Zunächst wurde kurz in das Thema eingeführt, bevor das Wort an den Referenten gegeben wurde. Teambildung sei eine der ältesten Methoden – bis vor ca. einem dreiviertel Jahr. Dies wirft die Frage auf, ob Teamentwicklung überholt ist. Mit dieser Fragestellung begann Dr. Joachim Koblitz mit seiner Präsentation. Seit ca. 10 Jahren arbeitet am Institut für Erziehungswissenschaft an der Heinrich- Heine- Universität Düsseldorf und beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit dem Thema Teamentwicklung, wobei er sowohl Seminare im Outdoor- Bereich als auch in großen und kleinen Unternehmen anbietet. Er sieht sich selbst als Prozessbegleiter. Herr Dr. Koblitz begann mit einer praktischen Übung, die darin bestand, einen Zollstock gemeinsam abzulegen, ohne den Kontakt zu verlieren. Die Übung wurde erst von zwei Leuten durchgeführt, anschließend in einem Team von sechs Leuten. Seine Beobachtung ist, dass Teams, die eingespielt und entspannt sind, diese Aufgabe relativ problemlos lösen, während diese Aufgabe für Teams, die zufällig „zusammengewürfelt“ sind, wesentlich schwieriger zu bewältigen ist. Bei beiden Übungen ist auffallend, dass „wollen“ und „tun“ weit auseinander gehen. Die Zollstock- Übung dient als Demonstration dessen, was Schwierig-keiten im Team ausmacht.

Der Begriff „Team“ wird „inflationär“ genutzt und wird nicht weiter definiert; heutzutage muss jeder teamfähig sein. Merkmale von Teams sind:

à gemeinsame Visionen und Ziele, die von allen Mitarbeitern getragen werden

à gemeinsame Verantwortung, nicht delegierbar, sondern ebenso vom ganzen 

     Team getragen

à benötigt eine anspruchsvolle Aufgabe

à im Rahmen der Zielvorgabe selbst- und nicht außengesteuert; dies beginnt bei

     der Wahl der Methode, der Zeit, den Personen, aber auch der Entlohnung.

à hohe bis sehr hohe Interaktionsdichte der Mitglieder

à wegen der hohen Integrationsdichte ist nur eine begrenzte Teamgröße

     möglich (3/4 bis max. 8-15 Personen)

à ein Team soll interdisziplinär zusammengesetzt sein und es sollte vernetzt

    gearbeitet werden, d.h. Mitglieder aus verschiedenen Abteilungen, Ausbil-

    dungen, Fachrichtungen etc. werden in diesem Team eingesetzt.

à durch Rollen, die vom Team vorgeschlagen/ festgelegt werden, ergibt sich

     eine klar strukturierte Arbeitsteilung.

à eine geplante, strukturierte und systematische Arbeitsweise zeichnet Teams

     von Arbeitsgruppen aus.

à ein Team ist selbstreflexiv bezüglich ihrer Vorgehensweise

à das wichtigste ist jedoch Spaß an der Arbeit.

Das nächste Gebiet beschäftigte sich mit dem Teamdesign, d.h. der Frage wie ein Team zusammengestellt sein sollte.

Dies unterschied Dr. Koblitz in drei Dimensionen, dargestellt in einem Dia-gramm: der fachlichen Dimension, die Persönlichkeitsdimension und die Dimension des Konfliktpotentials. Zusammenfassend lässt sich folgendes festhalten:

à sind die fachlichen Kompetenzen des Teams sowie die Persönlichkeitsmerkmale der Teammitglieder gleich, so gibt es zwar wenig Konfliktpotential, aber auch die Leistungsfähigkeit ist gering

à sind die fachlichen Kompetenzen des Teams sowie die Persönlichkeits-merkmale der einzelnen Teammitglieder verschieden, so ist das Konfliktpotential zwar höher, aber gleichzeitig ist die Leistungsfähigkeit sehr hoch.

Es gibt jedoch auch Gefahren für Teams und Teamarbeit. Man differenziert zwischen Gefahren von innen und Gefahren von außen.

Gefahren von innen können sein:

à Leistungsverluste durch Koordinationsprobleme; hierfür brachte er das Bsp.

 Tauziehen, denn je mehr Personen auf einer Seite stehen, desto mehr Kraft geht verloren

à Motivationsprobleme durch befürchtete Trittbrettfahrer (Bsp. TEAM: Toll Ein Anderer Macht’s)

à Mängel bei Problemlösungen durch „Gruppendenken; hier ist die Selbst-reflexion der Gruppe             

Zu den Gefahren von außen gehören:

à Leistungsverluste wegen mangelnder Unterstützung durch die Organisation

à Leistungsverlust durch hohe Arbeitsbelastung

à Motivationsprobleme durch Neid aus anderen Reihen der Organisation

Nachdem er auf die Gefahren für Team und Teamarbeit verwies, beschäftigte sich der nächste Punkt mit den Aufgaben der Teamentwicklung. Hierzu gehören:

à Kommunikation/ Koordination

à Moderation, Gesprächsführung

à Konfliktmanagement

à Führung

à Motivation

à Vision und Ziele

à Feedback

à Rollenkonflikte/ -erwartungen

à Gruppendynamik

à Schnittstellendefinitionen

Aus Zeitgründen wurde die Präsentation verkürzt; so ging Herr Dr. Koblitz auf die Teamentwicklung im Fünfjahresvergleich ein. So wurde im Jahr 2000 zu 100% auf Teams gebaut, danach nahm die Entwicklung kontinuierlich ab. Folgende Entwicklung zeigt sich:

2000 = 100% ; 2001 = ca. 98% ; 2002 = ca. 83% ; 2003 = ca. 70% und 2004 = ca.62%

Themenschwerpunkte auf dem Trainingsmarkt gewinnen zunehmend an Bedeutung. Folgende Themenschwerpunkte wurden aufgrund einer Analyse ermittelt:

à Mitarbeiterführung

à Coaching

à Verkauf/ Marketing

à Konfliktmanagement

à Organisationsentwicklung

à Teambildung/ Teamführung

à Moderieren

à Zeitmanagement

Abschließend ging Herr Dr. Koblitz auf die Zukunftsperspektiven ein. Hierbei hielt er fest, dass aufgrund einer demografischen Wende die Bedeutung von Teamwork und Teamentwicklung zunehmen wird. Er machte hierzu folgende Beobachtungen:

à Es ist ein gezielter und systematischer Wissenstransfer durch generations-übergreifende Arbeit zu beobachten

à diskontinuierliche Patchwork- Lebensläufe

à Das „Lernen auf Vorrat“ wird durch lebensbegleitendes Lernen abgelöst, denn Teamarbeit erfordert ein ständiges Lernen.

à Eine Innovation ohne Interdisziplinarität ist immer schwerer vorstellbar

Nach der Pause ging Herr Dr. Koblitz auf Gegenthesen und Fragen ein.

Folgende Gegenthesen wurden angeführt:

à „Teamentwicklung ist Vergeudung, weil es viel zu wenig „Teams“ im definierten Sinne gibt.

à „Die letzteren Punkte (demografische Entwicklung, Wissenstransfer und lebenslanges Lernen) gilt für alle Mitarbeiter.“

à „Was zeigt die Zollstock- Übung?“

Fragen waren:

à Sind Adventure- Seminare gut für die Teamentwicklung?

à Was macht eine teamfähige Persönlichkeit aus?

à Welche Teamdefizite sind in der Praxis am häufigsten zu beobachten?

         à Kommunikationsprobleme in allen Varianten

         à Schnittstellenprobleme

à Fördern regelmäßige Supervisionen die Teamfähigkeit/ Teamkompetenz?

à Ist ein Team zeitlich begrenzt?

         à ein Team ist zeitlich begrenzt, wobei es keine bestimmte Zeitgrenze gibt.

à Gibt es Belege dafür, dass virtuelle Teams im Beziehungsbereich schlechter funktionieren?

         à diese Frage kann nicht klar beantwortet werden.

à Gibt es eine Abgrenzung zwischen Team, Projektgruppe, teamorientierter Arbeit, Arbeitsgruppen und Gruppenarbeit?

         à Team und teamorientiertes Arbeiten ist gleich

         à Arbeitsgruppe und Gruppenarbeit sind keine Teams

         à Projektgruppe kann auch hierarchisch geführt werden

à Lassen sich Teamentwicklung, Supervision und Teamcoaching klar unterscheiden?

         à Die Übergänge sind fließend, Teamentwicklung bedeutet, das Team von

             Beginn an zu begeleiten.

à Ist eine ungerade Anzahl von Personen problematisch?

         à Nein, überhaupt nicht.

à Wie bewältigt die Gruppe Konflikte der Vergangenheit?

         à Mediation bei größeren Problemen

         à „Schulterklopfen“ bei kleineren Problemen

Christine Saygin