Protokoll der Veranstaltung Sprech- Kontakte vom 20.10.2005

 „Mediation als professionelles Konfliktmanagement“

Referent: Roland Schüler vom Friedensbildungswerk Köln

 

Mediation gibt es seit ca. 12-15 Jahren. Der Begriff wurde von Juristen geprägt, sollte aber eigentlich keine juristische Basis haben.

Herr Schüler ging zunächst auf die unterschiedlichen Streitkulturen am Beispiel der Niederlande und Deutschlands ein. Während in der deutschen Streitkultur aus einem Schwarz- Weiß- Denken vorherrscht – „ich habe Recht – du hast Unrecht“ – sehr destruktiv ist und nach bestehenden Unterschieden sucht, versuchen Niederländer in ihrer Streitkultur Gemeinsamkeiten zu finden. Dadurch können sie Konflikte weitaus konstruktiver lösen.

Anfang der 90er Jahre des 20.Jhd. wurde „mediation“ (engl.) als Vermittlung in Konflikten bekannt. Hierbei geht es darum, Konflikte konstruktiv zu lösen; auch wenn unterschiedliche Interessen bestehen, ist es das Ziel von Mediation, ein Ergebnis zu erlangen, das von beiden Seiten als „Gewinn“ gesehen werden kann. (WIN- WIN- POSITION).

Der Erfolg einer Mediation ist abhängig von der vermittelnden Person: es sollte eine 3. Person sein, die nicht direkt etwas mit dem Konflikt zu tun hat. Mediatoren findet man in allen Bereichen, in denen Konflikte bestehen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass z.B. Schiedsmänner/-frauen, Richter, etc. Recht sprechen. Bei der Rechtsprechung geht es einzig und allein um Recht und Unrecht, was als eine formale Konfliktlösung zu sehen ist – es geht um eine Entscheidung, nicht um eine Lösung. Hingegen ist die Aufgabe der Mediatoren, zu beraten, aber nicht zu vermitteln.

Das Verfahren der Mediation läuft folgendermaßen ab:

Ø Die beratende Person lädt die Konfliktparteien ein, den bestehenden Konflikt zu bearbeiten.

Ø Die Bearbeitung des Konfliktes sollte an einem neutralen Ort, nicht dem Konfliktort, stattfinden.

Ø Es werden zunächst einige Gesprächsregeln aufgestellt:

° ausreden lassen (denn in Konflikten werden Argumente oft nicht gehört). Das bringt eine Entlastung und macht offen für die Gegenseite.

° keine Beleidigungen (man neigt in Konflikten zu bestimmten Formen von Beleidigungen).

° finden einer achtsamen Sprache, den Konfliktpartner achten und wahrnehmen.

DIE VERANTWORTUNG DES KONFLIKTS BLEIBT BEI DEN KONFLIKTPARTEIEN

 

Hiernach beginnt das eigentliche Konfliktgespräch, das folgendermaßen aufgebaut ist:

1. Einleitung

2. Darstellung: Der Mediator hört aktiv zu. Jeder hat seine Sichtweise, die nicht bewertet wird. Gemeinsam ist den Konfliktparteien, dass sie den Konflikt unterschiedlich betrachten

3. Klären/ Erhellen: Nun wird nach dem Warum gesucht. Mit den Antworten wird der weitere Weg der Konfliktlösung geplant. Das Herausarbeiten des Konflikts kann eine erste gemeinsame Basis schaffen.

4. Lösungen: Auf dieser gemeinsamen Basis filtert man aus den Lösungsvorschlägen die bestmögliche Lösung heraus.

5. Übereinkunft: die Übereinkunft wird mündlich und/ oder schriftlich festgehalten. Die Übereinkunft ist selbst erarbeitet, verbindlich und die Erfahrung hat gezeigt, dass sie nachhaltig haltbar ist.

 

ALLE PROZESSE NACHEINANDER DURCHFÜHREN

 

Mediation kann bereits bei Kindern durchgeführt werden. Ein Beispiel hierfür ist die sog. Schulstreitschlichtung. Die Kinder lernen ein anderes Verfahren kennen, wie man Streit konstruktiv schlichtet und nicht destruktiv, wie sie es bereits zum Teil schon erlernt haben.

Anwendungsgebiete der Mediation sind:

Trennung, Scheidung, Geschäftskonflikte bis hin zu großen internationalen Konflikten.

 

Im zweiten Teil der Veranstaltung ging es vordergründig um die Klärung von Fragen an den Referenten:

 

1. Gibt es eine Verpflichtung zur Mediation?

Mediation sollte möglichst freiwillig erfolgen und in dieser Streitkultur eine Lösung finden, denn freiwillig streiten heißt freiwillig lösen. Mediation wird als ein pragmatisches Mittel eingesetzt, wenn davon ein System betroffen ist. In Österreich werden Scheidungen nur dann vollzogen, wenn vorher eine verpflichtende Mediation durchgeführt wurde.

2. Gibt es Untersuchungen zu unterschiedlichen Streitkulturen?

Bei den Niederländern sind Deeskalationsstrategien schon innerlich und in der Sprachkultur angelegt, wie es auch in verschiedenen anderen Kulturen der Fall ist. In Deutschland sind hierarchische Strukturen Basis der Streitkultur, während es in der amerikanischen Streitkultur ein Konsenssystem gibt.

3. Welche Konfliktpartei wählt den Mediator aus?

Wird der Mediator von einer Seite gebeten, zu vermitteln, könnte sich die andere Seite benachteiligt fühlen und das Gefühl haben, der Mediator sei bereits voreingenommen. Aufgabe des Mediators ist es, das Vertrauen der Konfliktparteien auf der Ebene der Vermittlung, nicht auf der Inhaltsebene, zu gewinnen. Aus dem Konflikt raus zu gehen bedeutet zunächst einmal einen Verlust, die streitenden Parteien können noch keinen Gewinn darin sehen.

4. Ist es besser, wenn sich die Streitenden während der Mediation nicht begegnen?

Eine „getrennte“ Mediation ist möglich, allerdings ist ein Nachteil, dass die Empathie verloren geht.

5. Sind Online- Mediationen hilfreich?

Bei einer Online Mediation sind die Konflikte auf der Sachebene durchaus lösbar, doch sollte bei der Mediation die menschliche Ebene im Vordergrund stehen. Deshalb empfiehlt sich eine Online- Mediation als Vorbereitung oder Einstieg in den eigentlichen Lösungsprozess.

6. Worin besteht der Unterschied zwischen einem (professionellen) Mediator und einem Supervisor?

Während der Mediator versucht, eine Vermittlung auf der Konfliktebene zu erreichen, ist die Supervision weitaus mehr auf den Menschen bezogen.

7. Worin besteht der Unterschied zwischen Mediation und Konfliktmanagement?

Mediation ist ein Verfahren, um Konflikte zu bearbeiten und Lösungen zu bringen. Wesentliches Merkmal des Konfliktmanagement ist ein Konflikterkennungssystem.

 

Protokoll: Christine Saygin